Am 4. April 2006 wurde Mehmet Kubaşık in seinem Kiosk in der Dortmunder Nordstadt vom NSU ermordet. Er war das achte Opfer der rassistischen Mordserie. Bis zur Selbstenttarnung 2011 wurden Hinweise auf ein rechtes Motiv hinter der Tat und den weiteren Morden und Anschlägen ignoriert. Stattdessen wurden die Opfer, ihre Angehörigen und ihr Umfeld verdächtigt, in kriminelle Machenschaften verwickelt (gewesen) zu sein. Im Sommer des letzten Jahres ging der NSU-Prozess zu Ende. Hinterbliebende und Beobachter*innen sind vom Ergebnis enttäuscht: vor Gericht standen nur das letzte noch lebende Mitglied des Kerntrios und einige wenige Unterstützer*innen, die mit recht milden Strafen davongekommen sind. Weder wurde das größere Umfeld des NSU untersucht, noch wurden die Verstrickungen staatlicher Behörden, insbesondere des Verfassungsschutzes, in die rechte Mordserie aufgeklärt – von Konsequenzen ganz zu schweigen. Im Gegenteil wurden die Kompetenzen des Verfassungsschutzes gestärkt und vor Gericht konnten Mitarbeiter*innen die Aufklärung ungestraft offen sabotieren.
In diesem Jahr jährt sich der Mord an Mehmet Kubaşık zum 13. Mal. Ein Bündnis aus rund 30 Organisationen ruft daher am 4. April bereits zum 7. Mal zum „Tag der Solidarität“ auf. Mit einer Reihe von Veranstaltungen und einer Demonstration sollen der Opfer gedacht, sich mit den Hinterbliebenen und allen Opfern rechter und rassistischer Gewalt solidarisiert und politische Konsequenzen gefordert werden. Wie auch in den vergangenen Jahren erklären wir uns mit diesem Anliegen solidarisch und rufen dazu auf, sich am Donnerstag an der Gedenkdemonstration zu beteiligen. Beginn ist um 18 Uhr vor der Mallinckrodtstraße 190 in Dortmund.
Uns geht es auch darum, zu mahnen: Die Mordserie des NSU ist weder ein Einzelfall, noch das bloße Produkt einer zufälligen Radikalisierung einiger Neonazis. Rechte Gewalt und Terror sind die konsequente Umsetzung rechter Ideologie, die sich ständig im Existenzkampf gegen innere und äußere Feinde wähnt. Wer permanent predigt, „das Eigene“ befände sich in einem Zustand existenzieller Bedrohung mal durch „Umvolkung“, „Islamisierung“, „jüdische Weltverschwörung“ oder durch „linksgrün versiffte Eliten“, braucht sich nicht zu wundern, wenn diese Saat aufgeht und die eigenen Anhänger*innen trotz Lippenbekenntnissen zur Ablehnung von Gewalt dann zu Benzinkanistern, Sprengstoff oder Waffen greifen. Der NSU und sein Umfeld erfuhren ihre politische Sozialisation in den 90ern. Einer Zeit, die geprägt war von einem gesellschaftlichen Klima des Rassismus, einem rassistischen Konsens. Diese Zustände ermöglichten es Neonazis sich als die Vollstrecker*innen dessen zu sehen, was ja eh alle zu wollen schienen.
Auch heute erleben wir ähnliche rassistische Bündnisse – und wir sehen ihre Früchte. Brandanschläge auf die Unterkünfte von Geflüchteten, Feindeslisten, auf denen Informationen zu linken und anderen unbequemen Politiker*innen und Persönlichkeiten gesammelt werden und waffenhortende Neonazis sind eindrückliche Beispiele dafür, dass rechte Ideologie immer die Bereitschaft zum Terror beinhaltet.
Wiederholen wir nicht die eigenen Fehler! Lasst uns solidarisch an der Seite derer stehen, die von Rassismus und rechter Gewalt betroffen sind! Lasst uns dem Rechtsruck und seinen Auswüchsen entschlossen entgegentreten!
Weitere Infos und den Aufruf des Bündnisses findet ihr auf der Website zum Tag der Solidarität.