Flyer 4 (Lünen)

Lünen Vorne Lünen Hinten

Dieser Flyer wurde in Lünen im Bereich der Silberstraße am 10. Januar 2017 verteilt. Im Folgenden möchten wir uns mit den Behauptungen dieses Flyers beschäftigen.

It’s (not) all about the money…

Der neueste Flyer, der bislang nur in Lünen verteilt worden ist, wiederholt vor allem die antisemitischen Vorurteile, die aus den letzten Exemplaren bereits bekannt sind. Diesmal wird der Begriff „Geldelite“ genutzt, um die gegen Jüd*innen gerichtete Hetze zu verschlüsseln. Schnell wird allerdings klar, dass sich in der Beschreibung dieser „Geldelite“ haufenweise antisemitische Stereotype sammeln: die angebliche Nähe zum Geld, die Zuschreibung von Heuchelei, Lügen und Täuschung, die herbeiphantasierte Verschwörung, in der einige wenige Menschen die „Politiker, Parteien, Medien“ und gleich die ganzen „Völker Europas“ kontrollieren – und die Überlegenheit der vermeintlichen Verschwörung, die in der Bezeichnung „Elite“ zum Ausdruck kommt und vor der sich die Antisemit*innen so fürchten. All dies sind Zuschreibungen, die auch Jüd*innen angedichtet werden. „Geldelite“ dient also als eine Art Platzhalter, denn würden die Autor*innen das Wort „Geldelite“ durch „Jüd*innen“ ersetzen, wären die Flugblätter direkt als rechte Hetze zu erkennen und würden die Grenze zur Strafbarkeit überschreiten.

Gefangen im Völkermixer?

Was die „Geldelite“ dann angeblich so Schlimmes tut, wird im Folgenden ausgeführt. Nach Meinung der Urheber*innen des Flugblatts versucht sie, die Weltherrschaft zu erringen und „die Völker“ aufzulösen. Wie das geschehen soll, wird freilich nicht erwähnt. Über die Auflösung wird immerhin geschrieben, dass dazu Völker „vermischt“ werden sollen. Auch hier wird aber nicht erwähnt, warum oder wie es schädlich sein soll, wenn sich „Völker“ „vermischen“. Bereits in der Auseinandersetzung mit anderen Flyern haben wir erkärt, dass die Einteilung von Menschen in „Völker“, die biologisch/kulturell/genetisch/wie-auch-immer voneinander abgrenzbar seien, schon für sich genommen problematisch ist und rassistischen Denkmustern entspringt. Davon zu reden, dass sich diese nicht „vermischen“ sollten, weil so etwas schädlich wäre, ist allerdings nichts anderes als knallharte Nazi-Ideologie, nach der die eigene „Rasse“, die eigene „Volksgemeinschaft“ „rein“ bleiben müsse. Die Autor*innen geben hier also erneut einen Hinweis auf ihre Nähe zur extremen Rechten.

„Denkt doch mal an die Kinder!“

Fast schon niedlich ist der Verweis darauf, es gehe den Urheber*innen dieses antisemitischen und rassistischen Flugblatts doch nur um die Kinder. Dieser rhetorische Trick ist bei Rechten sehr beliebt, wird aber auch von vielen anderen genutzt. Ähnlich wie die „Geldelite“ dienen Kinder hier als eine Chiffre, ein Code. Mit ihnen verbinden Menschen Dinge wie Unschuld, Zukunft, Schutzbedürftigkeit und so weiter. Wer sich als Beschützer*in „der Kinder“ darstellt, erklärt sich als moralisch überlegen und rückt sich selbst in die Position der Verteidigung, die tendenziell immer sympathischer erscheint als die Position der Angreifenden. Gleichzeitig wird die „Geldelite“ so als eine existenzielle Bedrohung konstruiert, quasi das pure Böse, das sich sogar an Kindern vergreife. Die Urheber*innen stellen sich hier also einen moralischen Persilschein aus und lenken damit geschickt davon ab, dass sie mit ihrer antisemitischen und rassistischen Hetze vielen Menschen – und auch Kindern – schaden. Die Rückseite des Flyers buchstabiert das sogar ausdrücklich aus, indem die Autor*innen sich selbst das „höchste, geistig-moralische Niveau“ zuschreiben. Das trieft nicht nur vor Pathos, sondern klingt auch noch ganz schön selbstverliebt.
Erneut wird zum Schluss auf die Aktion Freies Deutschland verwiesen. Bereits in einem anderen Text sind wir auf die Hintergründe dieser Organisation eingegangen. In der Kurzversion: eine Gruppe, die von einem Neonazi und Holocaustrelativierer geführt wird, und die vor allem versucht, die Verbrechen des Nazi-Regimes kleinzureden oder komplett zu leugnen. Auch mit diesem Flugblatt belegen die Autor*innen also erneut ihre Nähe zur extremen Rechten sowie ihre antisemitischen und rassistischen Einstellungen. Ebenfalls erneut führen sie für die von ihnen behaupteten Verschwörungen keinerlei Belege an.