Fast 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Niederlage des Nationalsozialismus’ startet die Antifa Werne eine Kampagne unter dem Motto „Keine Zukunft der deutschen Vergangenheit“, die einen kritischen Blick auf die Aufarbeitung der deutschen Geschichte, auf Kontinuitäten in Sachen Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus und auf hartnäckige (Opfer-)Mythen wirft. Was soll das Ganze? Ist das Thema nicht endlich mal durch? Nicht mal ansatzweise!
Oops, they did it again?
Die Aufarbeitung der eigenen Geschichte (mit diversen blinden Flecken vor allem in der eigenen Kolonialgeschichte) ist in Deutschland allen irgendwie ein Begriff. In der Schule lernt mensch, dass Deutschland aus seiner Vergangenheit die richtigen Lehren und Konsequenzen zöge. „Sowas“ könne nicht nochmal passieren. Aber wenn wir auf das Jahr 2014 blicken, dann sehen wir eine neue Mobilmachung gegen Geflüchtete bis hin zu Brandanschlägen wie in den 90ern, wir sehen – nicht nur in Deutschland – Wahlerfolge rechtspopulistischer Parteien und wir sehen eine Welle antisemitischer Hetze im Zuge neuer Spannungen im Nahostkonflikt. Wer also glaubt, unsere Gesellschaft sei nun frei von rechten Einstellungen oder diese seien zumindest lediglich eine Randerscheinung, hat wohl auch sämtliche Studien verschlafen, die regelmäßig großen Teilen der deutschen Bevölkerung die Überschneidung mit beispielsweise antisemitischen Einstellungen attestieren. Dennoch lässt sich nicht behaupten, dass diese Ideologien sich plötzlich wieder breit machten in den Köpfen der Menschen – denn sie waren nie wirklich weg!
„Oma und Opa waren in Ordnung“?
Das zeigt sich besonders gut am Beispiel der Aufarbeitung des Nationalsozialismus’ in Werne. So dauerte es beispielsweise bis Anfang der 1980er, um eine Gedenkveranstaltung zu etablieren, bis heute sind Straßen nach Antisemit*innen und Rassist*innen benannt und noch in diesem Januar erschien in den Ruhr Nachrichten ein Artikel über einen ehemaligen Schuldirektor, der in seiner alten Schule der Zeitung ein HJ-Lied vorspielte. Die Gedenktafel an die Reichspogromnacht wird wohl auch nach ihrer Änderung den verherrlichenden Begriff „Reichskristallnacht“ enthalten. Immerhin ist der lang verbreitete Mythos, in Werne habe es nur brave Bürger*innen gegeben, Nazis kämen alle von außerhalb, inzwischen vom Tisch.
Antifa heißt Geschichtsarbeit!
Womit wir dann auch wieder bei der Kampagne wären. Was wir erreichen wollen, ist eine Debatte über die Lücken, die bewussten und unbewussten Mängel der Aufarbeitung und diese aktiv anzugehen. Wir wollen der Selbstgefälligkeit der deutschen Gedenkkultur – und konkret hier in Werne – einen Dämpfer verpassen! Dem derzeitigen Gedenkdiskurs attestieren wir keinen absehbaren Erfolg bei der Verhütung dieser Ideologien. Wir sehen die Auseinandersetzung mit den damaligen Verbrechen und Ideologien in einer Linie mit dem Engagement gegen heutige reaktionäre Einstellungen!
Weil Aufarbeitung mehr bedeutet als kurzzeitige Entrüstung:
Keine Zukunft der deutschen Vergangenheit!
Liebe Genoss*innen,
seht es als unseren bescheidenen Beitrag zu eurer Kampagne (https://linksunten.indymedia.org/de/node/126660). Schön, dass sich auch andere Menschen in Werne dem Thema widmen. Viel Erfolg und bleibt am Ball!
Solidarische Grüße,
Initiative Charlie Chaplin
Schön, dass wenigstens ein paar junge Werner_in die Finger in die Wunde halten und Werne den Spiegel vorhält. Unerträglich, dass Werne alte Schulen abreißt aber Flüchtlinge seit Jahren in Containern kaserniert.