Ohne viel Gelaber: das Werner Bündnis gegen Rechts (WBgR) hat eine Pressemitteilung zu ihrer Kritik an der Einladung eine AfD-Funktionärs zu einer Podiumsdiskussion an einer Lüner Gesamtschule veröffentlicht. Diese möchten wir hier dokumentieren. Wir unterstützen die Forderung nach einem Rückzug der Einladung. Im Folgenden die Pressemitteilung und die Mail, die bereits am Montag den Schulen zugesendet wurde. Diese haben sich bislang nicht dazu verhalten.
Pressemitteilung des WBgR: Antifaschisten und Lokalpolitiker gegen Auftritt von AfD-Kandidat an der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule
Am 31. März wollen sich die Schüler der Käthe-Kollwitz- (KKG) und der Geschwister-Scholl-Gesamtschule (GSG) aus Lünen bei einer Podiumsdiskussion über die Positionen der Parteien zur Landtagswahl informieren. Für Ärger sorgt im Vorfeld die Einladung an den Kandidaten der AfD. Antifaschistische Gruppen und Lokalpolitiker stellen sich nun gegen rechte Hetze auf schulischen Veranstaltungen. In einem Brief hatten sich Politiker der Linkpartei, das Werner Bündnis gegen Rechts und die Lüner Antifa Anfang der Woche an die beiden Schulen und die Schülervertretung der GSG gewandt. „Wir sind der Meinung, dass es nicht Aufgabe von Schulen sein kann, der Menschenverachtung der AfD eine Bühne zur Verfügung zu stellen“, so Daniel Reimann, Pressesprecher des Werner Bündnis gegen Rechts.
„Die AfD setzt seit geraumer Zeit auf rassistische und nationalistische Provokationen als Mittel für ihren Stimmenfang“, erläutert Reimann, „Höcke, Petry, von Storch, Gauland – nahezu jeder wichtige Funktionär vertritt menschenverachtende Positionen, sei es die Forderung nach Schüssen auf Geflüchtete an der Grenze oder die empörende Bezeichnung des Holocaust-Mahnmals als ‚Schande‘ für Deutschland“. Auch den örtlichen Landtagskandidat der AfD, Michael Schild, kritisieren die Unterzeichner des Briefs: „Er trägt die rechte Ausrichtung mit und nutzt die Facebook-Präsenz und seine öffentlichen Auftritte, um die Anhänger_innen der Partei aufzupeitschen“, heißt es im Brief, der am Montag an die Schulen geschickt wurde. In diesem werden auch Gewalt- und Mordandrohungen zitiert, die AfD-Anhänger auf dem Facebookprofil des AfD-Kreisverbands Unna hinterlassen.
„Wer die AfD einlädt, hebt ihre Positionen in den Stand einer vertretbaren Meinung. Wir hingegen sind überzeugt, dass Gewalt gegen Geflüchtete und Verächtlichmachung des Andenkens an im Holocaust ermordete Jüdinnen und Juden keine diskutablen Positionen sind und Vertreter der AfD keine Diskussionspartner“.
Mail des WBgR an die Schulen und die SV der GSG
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Schüler_innenvertretungen,
wie wir erfahren haben, soll es am 31. März eine Veranstaltung zur Landtagswahl an der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule in Lünen für Schüler_innen der KKG und der GSG geben. Eingeladen sind die Kandidat_innen mehrerer Parteien – unter anderem auch Michael Schild von der AfD. Uns erschließt sich nicht, warum einem Kader einer rechten Partei die Möglichkeit geboten wird, an einer Schule Jugendliche von seiner Ideologie zu überzeugen. Darüber hinaus ist mit Michael Schild auch nicht irgendwer eingeladen.
Schild war bereits vor seinem AfD-Beitritt politisch aktiv. 2002 beispielsweise war er immerhin Drittplatzierter der Landesliste der rechtspopulistsichen Partei Rechtsstaatliche Offensive – besser bekannt als Schillpartei[1]. Als Mitglied der frisch gebackenen AfD unterzeichnete er als eines von zwei Mitgliedern des Kreisverbands Unna die sogenannte Erfurter Resolution, das Gründungsmanifest der rechten Gruppe ‚Der Flügel‘ innerhalb der ohnehin schon rechten Partei AfD. Er ist maßgeblich an der Ausrichtung des AfD-Kreisverbands Unna beteiligt. Nach der Spaltung der Partei, in deren Folge der gemäßigtere Flügel um Bernd Lucke die Partei verließ, übernahm Schild die Funktion des KV-Sprechers, die er bis heute innehat. Auch wenn er innerhalb der derzeitigen Machtverhältnisse in der Partei eher dem marktradikalen Flügel zugerechnet wird, ist Schild durchaus in der Lage, auch Positionen vom rechten Flügel der Partei zumindest stillschweigend mitzutragen. Er verließ die Partei nicht, als Führungskader offen den Gebrauch von Schusswaffen gegen Asylsuchende an den Grenzen befürworteten. Auch als Björn Höcke mit seinen den Nationalsozialismus relativierenden Aussagen für Furore sorgte, beließ Schild es dabei, zu sagen, der Kreisverband teile die Aussagen so nicht, das war es dann aber auch[2]. Eine Distanzierung von Höcke oder Ähnliches folgte jedenfalls nicht und selbst diese sanfte Kritik dürfte wohl dem Wahlkampf geschuldet gewesen sein.
Schild ist neben seiner Rolle als Sprecher auch für den Facebook-Account des Kreisverbands zuständig. Hier mimt er den Einpeitscher. Personen, die die Partei verlassen, werden als ‚Verräter‘ angeprangert[3]. Auch die in Interviews gern vorgeschobene ‚differenzierte Betrachtung‘ von Geflüchteten – wirklich Verfolgten wolle man natürlich helfen – wird hier fallengelassen zugusten von Hetze gegen Schutzsuchende. Bewusst wird verallgemeinernd und einseitig das Bild von Geflüchteten als minderwertig und den Sozialstaat belastend bemüht. Von Armut Betroffene in Deutschland werden ausgespielt gegen die ’schmarotzenden‘ Asylsuchenden[4]. Die einzige andere Art der Darstellung von Geflüchteten ist die der Bedrohung[5] und des Straftäters. Die Verlinkung von Kriminalität mit Geflüchteten und deren angeblichem Hang zur Kriminalität mit einem als einheitlich verklärten kulturellen Hintergrund blendet strukturelle und individuelle Erklärungen vollkommen aus und ersetzt sie durch ein rassistisches Deutungsmuster. Auch Beleidigungen gegen Politiker_innen sind auf der Facebookseite des KV nicht ungewöhnlich[6]. Sie gehen selten über ein bestimmtes Maß hinaus, müssen sie aber auch nicht, denn in der Kommentarspalte lassen die Fans der AfD ihrem Hass freien Lauf, der durch Schilds Beiträge lediglich auf ein bestimmtes Thema gelenkt werden muss[7]. Dieser Hass steigert sich in zahlreichen Beiträgen bis hin zu Vernichtungsphantasien gegen politische Gegner_innen („Holt Panzer und überrollt sie“, „da fehlen zum 18, paar Patrioten mit AK 47…..“[8]), gegen Menschen, denen Pädophilie unterstellt wird („Alte Männer die Kinder Mißbrauchen gehören erschossen. (…) Bis der erste Kinderficker an einer Laterne hängt“[9], „Für die Grünen und Herr Maas wünsche ich mir das ihnen der Schwanz und die Hände mit vollem bewustsein abgeschnitten werden!!!“[10]) oder als ‚links‘ identifizierte Karnevalisten („Ich wünsche allen Gestörten von Merkels Facharbeitern zusammengeschlagen,ausgeraubt und/ oder vergewaltigt zu werden“[11]) und so weiter. Auch homophobe[12] oder sexistische[13] Tiraden haben hier durchaus ihren Platz. Gelöscht wurden die genannten Kommentare bislang nicht – und werden sie wohl auch in Zukunft nicht. Michael Schild trägt hierfür die Verantwortung. Und er trägt sie erst recht für seine selbst formulierten Drohungen (z.B. „Kommt ihr Öko-Faschisten auf meinen Grund, werdet ihr das Laufen lernen…“[14]) oder die Relativierung rechtsradikaler Straftaten und von NS-Verherrlichung[15].
Aber auch offline teilt Schild gerne mal aus. Bei einer Demonstration im April 2016 in Unna beschimpfte er Gegendemonstrant_innen z.B. als „AfD-Berufsdiffamierer“, forderte sie auf, „was Anständiges“ zu lernen, sich „einfach Arbeit“ zu suchen und unterstellte ihnen Drogenkonsum und mangelnde Erziehung. An der Demonstration des Unnaer AfD-Kreisverbands nahmen auch bekannte NPD-Aktivist_innen und Anhänger_innen der extrem rechten HoGeSa teil. Als Redner lud Michael Schild zudem Andreas Kalbitz und David Eckert ein. Eckert steht wie Michael Schild der AfD-Gruppe ‚Der Flügel‘ nahe. Kalbitz, AfD-Funktionär aus Brandenburg, gehört zum rechten Flügel der Partei um Personen wie Alexander Gauland, Björn Höcke und André Poggenburg. Er war Teil zahlreicher rechter und rechtsradikaler Gruppen und Parteien wie der ‚Republikaner‘, der ‚Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland‘ oder des Vereins ‚Kultur- und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit‘[16]. Dass Kalbitz Erstunterzeichner der Erfurter Resolution ist, verwundert da nicht wirklich.
Zusammengefasst: Michael Schild steht rechten Ideen und Akteur_innen vom rechten Rand innerhalb der Partei mindestens nahe. Nach der Spaltung der Partei brachte er ’seinen‘ Kreisverband auf Linie. Er trägt die rechte Ausrichtung mit und nutzt die Facebook-Präsenz und seine öffentlichen Auftritte, um die Anhänger_innen der Partei aufzupeitschen. Einen solchen Politiker an eine Schule einzuladen, um dort für seine rechte Partei und deren Ideologie zu werben, halten wir für völlig verfehlt. Der Hetze von Personen wie Michael Schild wird damit ein legitimer Platz im öffentlichen Diskurs eingeräumt. Ihre Positionen erhalten einen Anstrich von Normalität und Berechtigung, der ihnen nicht gebührt. Es ist gut und richtig, sich mit Positionen der AfD auseinanderzusetzen, aber eben nicht, sich mit ihren Köpfen zusammenzusetzen. Das gilt umso mehr, wenn für Ihre Podiumsdiskussion keine geschulte Moderation zur Verfügung steht. Wir bitten Sie daher inständig, die AfD und Michael Schild von der Podiumsdiskussion auszuladen. Gerne sind wir bereit, mit Ihnen über unsere Kritik auch in einem Gespräch ausführlicher zu diskutieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Werner Bündnis gegen Rechts
Weitere Unterzeichner*innen:
Friedhelm Schaumann, Mitglied im Kreisvorstand der Partei Die Linke im Kreis Unna
Ortsverband der Partei Die Linke in Lünen
Autonome Antifa Lünen