Vor 80 Jahren, in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 zerstörten Werner Nazis und Bürger*innen die Synagoge der Stadt. Sie plünderten jüdische Geschäfte und machten Jagd auf Jüd*innen. Vor 80 Jahren brach sich der antisemitische Hass Bahn, den die Nationalsozialist*innen nicht erfunden, aber sorgfältig geschürt hatten. Die nachfolgende Shoa, die industrielle Vernichtung von millionen Menschen, löschte fast die gesamte jüdische Gemeinde der Stadt aus. Geblieben sind heute nur wenige Relikte.
So eifrig die allermeisten Deutschen an der Auslöschung ihrer Mitmenschen partizipiert hatten, so unwillig setzten sie und große Teile nachfolgender Generationen sich in der Folge mit der Aufarbeitung dieser Verbrechen auseinander. Werne bildet da keine Ausnahme. In Zeiten des Rechtsrucks zeigt sich schmerzlich, dass von einer „Immunisierung“ der hiesigen Bevölkerung gegenüber rechter Ideologie keine Rede sein kann. Antisemitismus, Nationalismus und Volksgemeinschaftsfimmel sind nach ’45 nicht einfach aus den Köpfen verschwunden. Sie verschwanden auch nicht, nachdem Anfang der 90er im Zuge rassistischer Pogrome und Anschläge bereits offenbar geworden war, dass das eliminatorische Potential des „Volkszorns“, die Bereitschaft zur physischen Auslöschung derjenigen, die dem Erfolg der eigenen Nation vermeintlich im Wege stehen, von keiner Demokratieerziehung nach dem Nationalsozialismus überschrieben werden konnte.
Wenn wir also heute an die Novemberpogrome erinnern, dann gedenken wir der Opfer antisemitischer Gewalt damals. Wir ziehen aber auch die Linie zum heutigen Antisemitismus und seinen Propagandist*innen. Wenn am 10. November Neonazis in Bielefeld den Geburtstag einer inhaftierten Shoaleugnerin feiern, wenn am 11. November Rechte und Verschwörungsideolog*innen von AfD-Funktionär*innen eingeladen werden, um sich in antisemitischen Wahnvorstellungen zu ergehen, dann ist es eine Notwendigkeit, die logische Konsequenz, sich dem in den Weg zu stellen.
Wir rufen daher auch in diesem Jahr zur Teilnahme an der Gedenkkundgebung in Werne am 9. November um 17 Uhr in der Marktpassage auf. Wir mahnen aber gleichzeitig: Erinnern bedeutet auch Kämpfen! Gegen jeden Antisemitismus – damals wie heute!