PM: Keine Redezeit für die Rechte und ihre Kolleg*innen!

Am 19.01. möchte der CDU-Stadtverband Bergkamen seinen Neujahrsempfang in der Ökologiestation in Bergkamen-Heil abhalten. Teil dieser Veranstaltung soll Birgit Kelle (Journalistin, Publizistin, CDU-Mitglied) sein, die laut Ruhr Nachrichten-Artikel vom 28.12. über das Thema „Was kommt, wenn die Familie geht?“ reden soll. Das hört sich nach dem üblichen konservativen „Oh Gott, hilf‘ uns doch, die Familie stirbt aus“ (freilich die konservative Definition von ‚Familie‘) an und wäre eigentlich nicht der Erwähnung wert. Blöd nur, dass sie auch mal für die mindestens rechtsoffene Junge Freiheit schreibt. Wir möchten der CDU Bergkamen daher nahelegen, sie lieber nicht zu ihrer Veranstaltung einzuladen.

Birgit Kelle und die rechten Medien

Ihr zu unterstellen, sie sei rechts, halten wir für etwas weit hergeholt – zumindest stellten wir bei unseren Recherchen nichts dahingehend fest. Ihr Lieblingsthema scheint die Familienpolitik zu sein und einen Großteil ihrer Positionen z.B. zu Feminismus, Sexismus oder der Gleichberechtigung Homosexueller beim Adoptionsrecht halten wir für ziemlichen Quark, das übliche Gejammer über den „hochgefährlichen Gender-Wahn“ eben. Das kann mensch ignorieren oder – wer Lust drauf hat – auch drüber diskutieren. Problematisch finden wir allerdings, wo sie diese Meinung unter anderem vertritt. Da wäre zunächst die Junge Freiheit, die seit jeher in der Kritik steht, rechte Inhalte zu vertreten und als Scharnier zwischen der sogenannten „Mitte der Gesellschaft“ und der politischen Rechten zu fungieren.

Der Stadtverband verharmlost

In besagtem Ruhr Nachrichten-Artikel erklärt der Stadtverbandsvorsitzende Marco Morten Pufke die Tätigkeit Birgit Kelles als „völlig unproblematisch“. Für die Kritik an der Zeitung macht er „linke Kreise“ verantwortlich und weiß sogar zu berichten, dass auch Sozialdemokrat*innen für die Zeitung schreiben. Um der gesamten Relativierung noch die Krone aufzusetzen, wird noch hinterhergeschoben, dass Birgit Kelle ja auch in Talkshows auftrete und auch z.B. im Focus Artikel veröffentlicht habe.
Dem möchten wir zunächst entgegenhalten, dass es völlig egal ist, ob es sich um Sozial- oder Christdemokrat*innen handelt. Wer meint, für rechte Medien schreiben zu müssen, muss auch damit rechnen, dass Menschen, die rechte Ideologie berechtigterweise zum Kotzen finden, dann nicht mehr mit ihnen spielen möchten. Sarrazin ist beispielsweise auch nicht weniger rassistisch, weil er zufällig das SPD-Parteibuch im Schrank liegen hat. Auch der Hinweis auf Talkshows und Zeitungen, die nicht unbedingt im Verdacht stehen, mit der politischen Rechten zu sympathisieren, macht es kein Stück besser, dass Birgit Kelle rechte Medien anscheinend als angemessene Plattform für ihre Meinung betrachtet, das ist – im besten Falle – Querfrontdenken zwischen der konservativen „Mitte“ und dem rechten Rand und alles andere als „völlig unproblematisch“. Zumal die Junge Freiheit auch nicht das einzige problematische Medium ist, in dem sie tätig war/ist [1]: das Portal kath.net steht u.a. in der Kritik, auch homophobe und islamophobe Inhalte zu verbreiten [2] und rechte Autor*innen in ihren Reihen zu haben [3], die Freie Welt steht der rechtskonservativen Zivile Koalition e.V. nahe, gehört zum Netzwerk Beatrix von Storchs, welche für die AfD kandidierte, und wird ebenfalls u.a. für homophobe Inhalte kritisiert [4][5] und zum Online-Auftritt des Kopp-Verlags, für den auch Rechte wie Jürgen Elsässer Artikel beisteuern oder wie Axel Stoll Bücher schreiben [6], müssen wir uns wohl nicht noch groß äußern [7]. Ein möglicher „Ausrutscher“ sieht anders aus.
Der Verweis auf „linke Kreise“ stellt allerdings den Höhepunkt der Verharmlosung Marco Morten Pufkes dar. Damit wir uns nicht falsch verstehen: auch wir sind der Meinung, dass die Kritik an den entsprechenden Medien und ihren Journalist*innen hauptsächlich von links kommt. Das stellt aber eher ein Armutszeugnis für die „Mitte der Gesellschaft“ (was auch immer das sein soll) dar, anstatt einer Begründung für das Ignorieren der Kritik. Findet der CDU-Stadtverband Bergkamen wirklich nichts problematisch an nationalistischen, homophoben, reaktionären, teilweise sogar rassistischen Inhalten? Gut, auch die CDU-Kandidatin bei der Bundestagswahl, Sylvia Jörrißen, fiel bei einer Podiumsdiskussion in Werne durch homophobe Äußerungen auf, aber wir hatten gehofft, dass Kritik an rechtem Gedankengut doch etwas weiter in unserer Gesellschaft verbreitet wäre. Spätestens wenn selbst die Ruhr Nachrichten von einer „umstrittenen“ Zeitung schreiben, hätten bei den Christdemokrat*innen doch die Alarmglocken klingeln müssen.
Wer wie Birgit Kelle die „Neue Rechte“ kritiklos als Partnerin im Diskurs behandelt, trägt dazu bei, die rechten Inhalte in der Gesellschaft als „normal“, als legitimen Teil der Debatte erscheinen zu lassen. Es ist genau dieser Prozess, aufgrund dessen immer wieder vor Medien wie der Junge Freiheit gewarnt wird. Auch Marco Morten Pufke muss sich diesen Vorwurf gefallen lassen, wenn er und sein Stadtverband nicht die Konsequenz ziehen und Kelles Vortrag streichen, was wir ihnen an dieser Stelle noch einmal wärmstens ans Herz legen möchten. Ein Podium für Mitarbeiter*innen rechter Medien ist nicht hinzunehmen!

Keine Redezeit für die Rechten oder ihre Kolleg*innen!
Rassismus, Homophobie und Nationalismus entgegentreten – auch in der „Mitte“!

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