Anlässlich des bevorstehenden Abrisses der Steintorschule in Werne druckten die Ruhr Nachrichten am 25.01. einen Artikel „Abgesang auf die Schule“, der sich mit der Vergangenheit des Gebäudes als Schule beschäftigt. Als passenden Partner für den Artikel wurde Gisbert Fleischer ausgewählt, der immerhin der letzte Direktor der Schule war. Der Rest des Artikels macht uns jedoch stutzig – vor allem, wenn mensch beachtet, dass eine Seite weiter für die Teilnahme am Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus‘ aufgerufen wird – denn dort erklärt eben jener Gisbert Fleischer, täglich mit den Schüler*innen zu Beginn des Schultags Lieder gesungen zu haben. Das Lied, welches er dann spielt, ist „Und die Morgenfrühe, das ist unsere Zeit“ – ein Lied der HJ aus der Feder Hans Baumanns.
Baumann gilt als einer der bekanntesten Komponisten von HJ-Liedern, so stammt beispielsweise das Lied „Es zittern die morschen Knochen“ von ihm. Auch wenn das Lied „Und die Morgenfrühe, das ist unsere Zeit“ weitaus weniger einen aggressiven Nationalismus propagiert, so dient es doch der „Glorifizierung der bäuerlichen Arbeit […], wie sie im Landjahr oder bei einem Ernteeinsatz von einer Gruppe junger Leute geleistet“ [1] wurde und der Propagierung der „Pflichterfüllung von Bauern und Arbeitern“ [2]. Dass HJ-Lieder bis Ende der 1970er in einer Schule gesungen wurden und die dafür verantwortliche Person auch noch als Rektor tätig war, ist schlichtweg ein Skandal und nicht tragbar. Wir können Gisbert Fleischers ideologische Ausrichtung nicht beurteilen, in jedem Fall jedoch scheint ihm ein kritisches Geschichtsbewusstsein völlig zu fehlen, wenn er das Lied selbst heute noch spielt. Derartiges Verhalten ist nicht tragbar und so fordern wir auch die Ruhr Nachrichten auf, nach dieser fahrlässigen Berichterstattung klar Position zu beziehen!
Die Online-Version des RN-Artikels zum Nachlesen findet ihr hier!
