AfD und Basis: Wer kandidiert da eigentlich?

Der Kreis Unna unterteilt sich bei der Landtagswahl am 15. Mai in drei Wahlkreise. In diesen treten auch Kandidierende an, die mit der AfD und dieBasis rechten und verschwörungsideologischen Parteien angehören. Unabhängig davon, dass jede Bühne und jede Stimme für diese Parteien ohnehin ein Unding ist, wollen wir hier einen Blick auf die vier Kandidat*innen werfen. Wer buhlt da eigentlich um die Gunst der Wähler*innen?

3x AfD im Kreis Unna

Die AfD tritt in allen drei Wahlkreisen mit einer*einem Direktkandidat*in an. Im Wahlkreis 115 Unna I (Fröndenberg, Schwerte, Unna, Holzwickede) tritt für diese Partei Jürgen Chmielecki an. Der Sozialtherapeut aus Unna (eigene Angaben) ist bislang ein relativ unbeschriebenes Blatt. Das ist bei Kandidierenden der AfD im Kreis gelegentlich der Fall, denn wer bekannter ist, ist in der Regel auch „verbrannt(er)“, ist häufiger mit extrem rechten Aussagen aufgefallen oder Ähnlichem. Bemerkenswert ist, dass die AfD im Wahlkreisgebiet über einen Stadtverband in Schwerte verfügt, ihren Kandidaten aber im Gegensatz zu den anderen Wahlkreisen nicht von dort rekrutiert. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Es gibt allerdings Spannungen zwischen dem Stadtverband Schwerte und der tonangebenden Fraktion im Kreisverband. Dass Chmieleckis Beiträge v.a. der Flügel-Fraktion um das Ehepaar Hans-Otto und Brigitte Dinse sowie Peter Knepper gefallen, aber beispielsweise auch dem Kreisvorstandsmitglied und „ehemaligen“ Aktivisten der neofaschistischen Identitären Bewegung, Nils Hartwig, lässt darauf schließen, welcher Fraktion er eher zugerechnet werden kann.
Im Wahlkampf war von Chmielecki nur wenig zu sehen. Er trat gelegentlich mit seinem Kollegen aus dem Nachbarwahlkreis, Ulrich Lehmann, auf. Gegenüber den Ruhr Nachrichten ließ er Nachfragen zu seinen Positionen und Ähnlichem unbeantwortet. Stattdessen behauptete er zunächst, er wäre etwa zu einer Diskussionsveranstaltung nicht eingeladen worden (1).

(Quelle: Facebook)

Chmielecki (l.) gemeinsam einsam mit Lehmann am 23.04.22 (Quelle: Facebook)

 

 

 

 

 

 

 

Im Wahlkreis 116 Unna II (Lünen, Selm, Werne) möchte die Geographie-Studentin Friederike Hagelstein Stimmen für die AfD einfahren. Hagelstein ist Teil des Stadtverbands Lünen und im Stadtrat die AfD-Fraktionschefin – allerdings rückte sie erst im September als Ratsmitglied nach. Ihr einziger verbliebener Kollege in der gespaltenen Fraktion ist Jens Hiekel, der früher als Mitglied eines Wachregiments auf der Gehaltsliste der Stasi stand (2). Hagelstein wird im Kreisverband mitunter als junge Frau zum Aushängeschild aufgebaut. Ihren Parteikollegen steht sie im rechten Weltbild dabei in nichts nach. Bereits bevor sie mit dem Lüner AfD-Ableger öffentlich in Erscheinung trat, teilte sie auf Facebook Inhalte des neurechten Rappers Bloody32 oder des extrem rechten Rockers Tim Kellner.
Hagelstein nahm unter anderem mehrmals an den von Neonazis organisierten Querdenken-Demos in Lünen teil. Anwesend waren dort auch regelmäßig rechte Schläger und Mitglieder rechtsterroristischer Strukturen aus Dortmund. Am 10. Januar hielt sie sogar eine Rede auf der Demo. Bei der Rede Hagelsteins nahm laut Ruhr Nachrichten unter anderem der Neonazi Sven S. (früher: Kahlin) am Aufmarsch teil, der 2005 in Dortmund den Punk Thomas Schulz ermordete. Eine Distanzierung seitens der AfD fand unseren Informationen nach nicht statt. Im Gegenteil: Die Rede wurde gefilmt und über die Facebook-Seite der AfD Lünen verbreitet. Aktuell bleibt die AfD wohl aus Angst vor weiterer schlechter PR zwar den Demos weitgehend fern, bespielt sie aber weiterhin inhaltlich, indem sie sich als parlamentarischer Arm der Bewegung darstellt. Eine Distanzierung würde hier schließlich das eigene Wähler*innenpotential schmälern.

Hagelstein redet am 10.01. in Lünen (Quelle: Facebook)

(Quelle: Facebook)

(Quelle: Facebook)

(Quelle: Ruhr Nachrichten)

Ulrich Lehmann tritt für die AfD im Wahlkreis 117 Unna III – Hamm II (Bergkamen, Kamen, Bönen, Hamm-Herringen) an. Lehmann vom Stadtverband Kamen sitzt für die Partei dort im Stadtrat, glänzt aber eher nicht mit besonders aktiver Arbeit – auch wenn er sich zu Beginn seiner Zeit als Abgeordneter noch Mühe gegeben hat, das in Berichten auf der AfD-Homepage aus dem Stadtrat zu simulieren. Trotzdem: Nachdem Lehmann diversen Parteien angehört hat, hat er in der AfD nun vorerst eine Bleibe gefunden. Lehmann hat Erfahrung damit, sich im Wahlkampf zu blamieren. Bereits zur Bundestagswahl war er Direktkandidat und konnte dort zwar nicht mit inhaltlicher Expertise auftrumpfen, machte aber Schlagzeilen, weil er sich zwar für Parteiveranstaltungen testen ließ, aber die Behauptung aufstellte, es sei „entwürdigend, sich für Podiumsdiskussionen testen oder gar impfen zu lassen (3). Neben einer Affinität für die Querdenken-Bewegung dürfte diese Erklärung vor allem auch ein Versuch gewesen sein, die mangelnde Diskussionsfähigkeit zu kaschieren. Für diesen Wahlkampf organisierte er im Vorfeld eine AfD-Wahlkampf-Schulungsveranstaltung. Geholfen hat es vermutlich wenig.
Lehmann gehört innerhalb des zerstrittenen Kreisverbands zur Clique um die stramm rechten Flügel-AktivistInnen Hans-Otto und Brigitte Dinse sowie Peter Knepper (die Nummer 2 im Stadtverband Kamen) und damit zu den Anhängern des Faschisten Björn Höcke. Lehmann selbst fällt nicht mit Höcke-Selfies auf, schlug sich im Streit um die Vorherrschaft im KV Unna aber auf die Seite der Flügel-Fraktion.

Lehmann (2.v.l.) im Kreise der Flügel-Clique (Quelle: Facebook)

Einzelkämpfer für dieBasis

Die Querdenken-Partei dieBasis kandidiert ausschließlich im Wahlkreis 115 Unna I mit Artur Helios aus Fröndenberg als Direktkandidat. Wie Ulrich Lehmann kandidierte auch Helios bereits bei der vergangenen Bundestagswahl erfolglos. Er gilt als bundesweite Größe der Querdenken-Bewegung, besuchte Demos und Aktionen der verschwörungsgläubigen Protestbewegung in zahlreichen Städten und ist Gründungsmitglied seiner Partei. In Dortmund trat er mitunter als Organisator und Anmelder von Querdenken-Aktionen auf, besuchte aber auch Demos in Schwerte oder Unna. Am 31. Oktober 2020 redete er gemeinsam mit dem damaligen Polizeibeamten Michael F. auf einem Querdenken-Protest in Dresden. Am Ende ihrer Rede zeigte Helios den Hitlergruß. Vor Gericht wurde er dafür zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Bestätigung des Urteils steht noch aus (4). Seine Partei hält das nicht davon ab, ihn seit dem Hitlergruß zweimal als Kandidaten aufzustellen.
Helios gibt seinen Geburtsort im Jahr 1965 im polnischen Kuniów in seiner Kandidatenvorstellung im geschichtsrevisionistischen Stil mit „Kuhnau/Schlesien“ an (5). Auf einer Querdenkendemo in Hamm am 5. März 2021 äußerte er in Bezug auf missliebige Beamt*innen, dass „sollte das Ganze mal kippen“, worauf er hoffe, man gegen diese „vorgehen“ müsse, diese „anschließend eliminiert werden“ müssten (6). Im Nachgang behauptete er, er habe dies nicht so gemeint, er wollen sie lediglich aus dem Dienst entfernen. Seine applaudierenden Fans dürften die Umsturz- und Gewaltrhetorik aber verstanden haben.

Helios am 31.10.20 in Dresden (Quelle: Twitter)

Fazit

AfD und dieBasis schicken Kandidierende ins Rennen, die in den letzten Jahren mit Neonazi-Schlägern demonstrierten, den Hitlergruß zeigten, im Umfeld des extrem rechten Flügels zu verorten sind und/oder ihre Unfähigkeit deutlich unter Beweis gestellt haben. Gefestigte Wähler*innen wird diese Auflistung nicht abschrecken. Einige wählen die Partei genau deswegen, anderen sind die jeweiligen Kandidierenden eh egal. In Gedanken wählen sie ohnehin Höcke, Gauland, Weidel etc. (AfD) oder bilden sich ein, eine imaginäre verschworene Elite abzuwählen (dieBasis). Welcher Name da letzten Endes auf dem Stimmzettel steht, ist beliebig. Schwankenden Wähler*innen mag diese Übersicht aber eventuell dabei helfen, hinter die lächelnde Fassade in der Fußgängerzone zu blicken. In jedem Fall soll niemand nachher sagen können, er*sie habe ja von nichts gewusst. Keine Stimme für AfD oder dieBasis und ihre Kandidierenden!

Antifa Werne
Antifaschistische Jugend Schwerte
Autonome Antifa Lünen

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