„Zu spät, zu inkonsequent und letztlich eher symbolisch“ – PM zum Verbot von Combat 18

Am vergangenen Donnerstag (23.01.) wurde die rechtsterroristische Organisation „Combat 18“ (kurz: C18) in Deutschland durch das Innenministerium nach dem Vereinsgesetz verboten. Die Antifa Werne findet das Verbot einer bewaffneten Neonazigruppierung zwar grundsätzlich gut, kritisiert das Verbot aber auch als, so Sprecherin Lena Milani, „zu spät, zu inkonsequent und letztlich eher symbolisch“ – insbesondere im Hinblick auf die regionale Neonaziszene.

Combat 18 gilt als bewaffneter Arm des bereits im Jahr 2000 in Deutschland verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerks. Die Gruppierung stand seit einiger Zeit im Fokus der Medien. Bereits im Zuge der gescheiterten Aufklärung der Mordserie des sogenannten NSU wurde über Verbindungen der Terrorzelle zu C18 gemutmaßt. 2018 hatte dann ein antifaschistisches Recherchekollektiv auf die Reunion der Organisation im Jahr 2012 und auf Schießtrainings von Mitgliedern aufmerksam gemacht. Im vergangenen Jahr geriet C18 im Zusammenhang mit dem Mord am Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke erneut in den Blick kritischer Berichterstattung. Als regionale Schwerpunkte der Strukturen von Combat 18 galten u.a. Kassel und das nahegelegene Dortmund.
Milani kritisiert zum einen den Zeitpunkt des Verbots: „Dass der deutsche Staat erst 20 Jahre nach dem Verbot der Mutterorganisation auf die Idee kommt, auch deren bewaffneten Zweig in die Mangel zu nehmen, mutet schon reichlich merkwürdig an. Auch die Neonazis sahen sich durch die ausbleibenden Konsequenzen zunehmend ermuntert. Abzeichen, Tätowierungen und Kleidungsstücke mit entsprechenden Aufdrucken wurden selbstbewusst von Mitgliedern und Unterstützer*innen auf Demonstrationen getragen“. Hinzu komme, dass das Verbot der Gruppe bereits Mitte des vergangenen Jahres durch Innenminister Seehofer angedroht wurde. Mitglieder hatten so mehr als genügend Zeit, sich auf dieses Verbot vorzubereiten, belastendes Material zu entsorgen und sich um den Aufbau von Nachfolgestrukturen zu kümmern.
Zum anderen bemängelt Milani von der Antifa Werne, dass das Verbot wenig konsequent umgesetzt wurde: „Die Razzien der letzten Woche betrafen nur eine geringe Anzahl von Neonazis. In NRW war nur ein einziger von ihnen betroffen, obwohl dort selbst nach den Angaben der Landesregierung noch neun Mitglieder wohnhaft sein sollen. Mit dem Dortmunder RechtsRock-Musiker Marko G., dem zeitweiligen Bandkollegen des Werner Neonazis Dennis L., wurde einer ihrer zentralen Kader einfach aus der Organisation herausgerechnet, obwohl er seit Jahren als Propagandist der Gruppe auftritt. Der NRW-Verfassungsschutz stellte ihm gewissermaßen einen Persilschein aus, als er 2019 auf eine Kleine Anfrage antwortete, in NRW seien keine C18-Mitglieder zugleich in RechtsRock-Bands aktiv. Eine weitere zentrale Figur in der Struktur von C18 und im deutschen Rechtsterrorismus allgemein, Thorsten H., wurde ebenfalls nicht behelligt“.
In dem Zusammenhang verwundere es nicht, dass erst recht die „kleineren Fische“ – auch im Kreis Unna – wohl wenig zu befürchten haben. „Neonazis wie etwa die Unternehmerin Nadine S. aus Kamen, die Mitgliedsbeiträge an Stanley R., eine Schlüsselfigur der Gruppe, überwiesen haben soll, sind damit aus dem Schneider“, so Lena Milani, „Schon die aktiv behinderte Aufklärung des NSU-Komplexes sendete an extrem rechte Aktivist*innen das Signal, dass sie ihr Treiben weitgehend ungestört fortsetzen können. Das Vorgehen in der Causa Combat 18 kommt einer Wiederholung gleich. Das Verbot kommt mindestens 20 Jahre zu spät, war schon lange angekündigt und betrifft nur eine geringe Anzahl ihrer Mitglieder. Mögliche Nachfolgestrukturen wie die ‚Brothers of Honour‘ wurden erst gar nicht berücksichtigt. Mehr als einen symbolischen Akt stellt das Verbot nun wirklich nicht dar. Die Beobachtung und Bekämpfung extrem rechter Strukturen bleibt weiterhin die Aufgabe einer antifaschistischen Zivilgesellschaft.“

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