Werne, Corona und die Linke

Vermutlich ist der einen oder dem anderen aufgefallen, dass hier auf unserem Blog nicht so viel los war. Daher schon einmal vorweg: Keine Sorge, es gibt uns noch. Allerdings waren wir in letzter Zeit tatsächlich auf unserem Twitter-Kanal wesentlich aktiver. Das wird sich in den nächsten Wochen wohl erstmal nicht ändern. Einer der Gründe dafür ist die aktuelle Corona-Epidemie, die Mitte der Woche nun auch Werne erreicht hat. An dieser Stelle möchten wir einige unserer Überlegungen zu dem Thema mit euch teilen und Tipps geben, wie sich auch in Zeiten von langen Aufenthalten in den eigenen vier Wänden politische Aktivität gestalten lässt.

Was bedeutet Corona für uns?

Zunächst einmal werden wir als Gruppe unsere Aktivitäten ein wenig zurückfahren müssen. Versammlungen gibt es nicht mehr und bereits geplante Demonstrationen und Proteste wie die Gedenkdemonstrationen in Dortmund an Thomas Schulz und Mehmet Kubaşık oder die Proteste in Münster für sexuelle Selbstbestimmung wurden abgesagt, um die Verbreitung des Coronavirus‘ nicht aktiv zu beschleunigen. Weitere Veranstaltungen werden in nächster Zeit nicht stattfinden können.
Nichtsdestotrotz bleiben wir weiterhin für euch via Mail oder Twitter erreichbar. Wir begleiten weiterhin das politische Geschehen kritisch und behalten die Aktivitäten von Rechten im Blick – denn Neonazis hören natürlich nicht auf, Neonazis zu sein, nur weil sie husten beim Hetzen.

Und ihr so?

Politische Aktivität gestaltet sich, wie bereits erwähnt, aktuell schwierig. Wir haben trotzdem ein paar Tipps für euch, wie ihr euren Alltag auch abseits von Netflix und Häkeln gestalten könnt:

1. Solidarität ist die Alternative – auch im Umgang mit Corona!
Ja, auch die Solidarität im Umgang mit Corona ist für uns politisch. Das beginnt dabei, dass ihr euch darum bemühen könnt, das Virus nicht aktiv weiterzuverbreiten und so gut es geht, versucht, gesund zu bleiben. Denkt daran, dass andere, die ihr eventuell ansteckt, vielleicht weniger gute Chancen haben, die Krankheit mit geringen Symptomen zu überstehen und handelt entsprechend. Informiert euch darüber, wie ihr euch schützen könnt und versucht, auf andere entsprechend einzuwirken.
Darüber hinaus könnt ihr, wenn ihr das Glück habt, nicht zu den Risikogruppen (z.B. Vorerkrankte und Alte) zu gehören, etwas eurer Zeit opfern und genau diese Menschen unterstützen. In vielen Städten sind bereits Strukturen entstanden, die z.B. die Übernahme von Einkäufen oder die Pflege von Haustieren für Menschen organisieren, die selbst das Haus nicht verlassen können. Dort könnt ihr mit anpacken oder selbst solche Netzwerke aufbauen. Das ist gelebte Solidarität. Hier in Werne existieren ebenfalls einige solcher Strukturen. Tipps zum Aufbau findet ihr z.B. hier.
Zusätzlich lohnt es, auf dem Laufenden über die aktuellen Entwicklungen rund um das Coronavirus zu bleiben. Auch in Werne wurde bereits einiger Unfug zu dem Thema verbreitet. Panikmache hilft niemandem. Falschinformationen, Verschwörungstheorien oder Relativierungen genauso wenig. Wir sind sicherlich nicht die ersten, möchten euch aber dennoch an dieser Stelle auf den Podcast des Virologen Prof. Dr. Christian Drosten im NDR hinweisen, der einen guten Überblick über die Situation verschafft. Außerdem ist das Robert-Koch-Institut (RKI) selbst eine seriöse Quelle, obwohl Scharlatane in der Vergangenheit bereits das RKI als angebliche Quelle für ihren Unsinn missbraucht haben, um sich selbst einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben. Zudem bemühen sich viele Zeitungen um eine sorgfältige Berichterstattung zu dem Thema. Prüft also nach Möglichkeit, wenn online oder im Bekanntenkreis seltsame „Geheimtipps“ für den Umgang mit Corona verbreitet werden.

2. Bildet euch und in Zukunft dann andere und Banden!
Anstatt auf Demos zu gehen und sich dort die hochinteressanten Redebeiträge zu geben, könnt ihr auch zu Hause einiges für eure politische Bildung tun. Der Klassiker ist natürlich das Durcharbeiten des eigenen Bücherregals. Wenn ihr nicht jetzt Zeit für die Lektüre der super schlauen Marx-, Adorno- und ähnlichen Bücher habt, wann dann?
Wer nicht so scharf auf’s Lesen kompletter Bücher ist oder einfach nicht die Kohle hat, um Unmengen an Lesestoff anzusammeln, kann viele interessante Dinge online lesen. Vom Blog eurer lokalen Antifa-Gruppe über das Onlineangebot von linken Zeitungen und Magazinen, von leichten Textchen über ellenlange Rechercheartikel bis hin zu dem verkopften Theorietext, der euch immer zu lang war, um mit dem Lesen überhaupt anzufangen, gibt es ein riesiges Angebot im Internet, um euch die Zeit zu vertreiben und etwas dabei zu lernen. Schließlich wissen wir alle, dass gute Theorie wichtig ist für eine gute Praxis! Hier ein paar Tipps von unserer Seite: Lotta-Magazin, Antifaschistisches Infoblatt, der rechte rand, Straßen aus Zucker, Gruppen gegen Kapital und Nation, analyse & kritik, Münsterland Rechtsaußen – um nur einige wenige zu nennen!

Wer kein Spaß am Lesen hat, für die*den bietet sich vielleicht ein Blick in die zahlreichen Audioarchive an. Auf vielen Seiten könnt ihr euch z.B. kostenlos Audiomitschnitte von Vorträgen und Ähnlichem anhören, die ihr bequem laufen lassen könnt, während ihr andere Dinge tut. Ein paar Beispiele gefällig? Audioarchiv kritischer Theorie & Praxis, Emanzipation und Frieden, The Nokturnal Times, freie-radios.net
Zu guter Letzt gibt es noch linke Radios, die ihr online hören könnt. Das bekannteste dürfte das Freie Sender Kombinat aus Hamburg sein, das eine Fülle an kulturellen und politischen Inhalten bietet. Wer lieber was Regionaleres haben möchte, dem sei das neue Radio Nordpol empfohlen. Der Nordpol ist eine linke Kneipe aus Dortmund, die zwar wegen der Epidemie geschlossen ist, dafür aber ein Radio geschaffen hat, um weiter Inhalte und Co. verbreiten zu können. Reinhören lohnt sich!
Übrigens: Besagter Nordpol ist während der Schließung auf Spenden angewiesen, um laufende Kosten zu decken. Falls ihr also das Glück habt, etwas mehr auf der hohen Kante zu haben, könnt ihr Projekte wie den Nordpol in dieser Zeit mit Spenden unterstützen. Schaut dafür einfach mal auf den Seiten solcher Projekte vorbei oder schreibt eine Mail.

3. Neonazis auf die Finger schauen!
Wie wir weiter oben bereits erwähnt haben, bleiben natürlich auch Neonazis und andere Rechte nicht untätig. Ihr hattet bislang zwischen Schule, Arbeit, Studium nie die Zeit, ihnen in Kommentarspalten die Stirn zu bieten? Dann viel Erfolg! Ihr wolltet schon immer mal eure gesammelten Infos über rechte Strukturen in eurem Viertel ordnen, um sie euren lokalen Recherchestrukturen zukommen zu lassen? Auf geht’s! Neonazis lässt sich nicht nur auf der Straße Paroli bieten. Überlegt euch, was ihr euch zutraut und für sinnvoll haltet und legt los!

4. Kreativ werden!
Nur weil ihr keine Menschenmengen mehr auf dem Marktplatz zusammentrommeln könnt und soziale Kontakte einschränken solltet, bedeutet das nicht, dass ihr nun dazu verdammt seid, in eurem Zimmer zu hocken und nichts zu machen. Denkt nach, werdet kreativ und findet Wege, unter den gegebenen Umständen noch politisch aktiv zu bleiben. In Bayern z.B. verlegten Klimaaktivist*innen ihre Proteste unter dem Hashtag #NetzstreikfürsKlima kurzerhand von der Straße ins Internet.
Und apropos kreativ: Bei unseren Genoss*innen von der Autonomen Antifa 170 aus Dortmund läuft immer noch der Stickercontest zur Kommunalwahl. Hier könnt ihr euch noch ein wenig austoben und ein paar schicke Aufklebermotive basteln!

Gerade in den Kleinstädten, Dörfern und Käffern in der Provinz haben wir mit Einschränkungen zu kämpfen, die Linke in den Großstädten vielleicht nicht haben – darunter etwa eine beschissene Internetverbindung. Für uns gilt es daher noch viel mehr, auch abseits der schönen Onlinewelt Wege zu finden, sich zu betätigen.

See you!

Wir hoffen, wir konnten euch ein paar Anstöße geben, um in den nächsten Wochen oder sogar Monaten aktiv zu bleiben. Und natürlich ist es absolut in Ordnung, einfach mal ein wenig zu faulenzen! Zum Abschluss möchten wir euch bitten, auf euch und die Menschen um euch herum aufzupassen. Die nächste Zeit kann nicht nur physisch, sondern auch psychisch anstrengend werden. Auch und insbesondere für uns als Linke gilt: Bleibt gesund, achtet auf euch und andere, handelt umsichtig und solidarisch und dann sehen wir uns alle hoffentlich möglichst bald wieder.

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