Von 1920 bis 1945: Kontinuitäten benennen

Der 8. Mai ist der Jahrestag der Kapitulation Nazideutschlands vor 75 Jahren. Die Antifa Werne möchte das Datum nutzen, um auch das Denkmal für die im Nachgang der „Schlacht bei Pelkum“ durch rechtsradikale Reichswehrsoldaten der Brigade Epp ermordeten Menschen in Bergkamen in das Gedenken einzubeziehen.

Im April 1920 war diese an der Niederschlagung des Arbeiter*innenaufstands im Ruhrgebiet beteiligt. Einer der Schauplätze dabei war Hamm-Pelkum. Von dort zog die Brigade über Bergkamen weiter nach Dortmund. Ihren Weg pflasterten die Leichen massakrierter Arbeiter*innen und anderer Menschen, die irgendwie „verdächtig“ erschienen. Die Brutalität der Soldaten war berüchtigt. Unter den Opfern waren auch Bergkamener*innen. Das Denkmal erinnert nur an einige, die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.
Sprecherin Lena Milani erklärt den Zusammenhang mit dem 8. Mai: „Uns geht es um eine Erweiterung der Perspektive antifaschistischen Gedenkens. Es mag kurios erscheinen, an die Befreiung vom Nationalsozialismus am Beispiel eines Denkmals zu erinnern, dass auf ein Ereignis verweist, dass 25 Jahre davor stattfand. Uns geht es dabei um das Aufzeigen von Kontinuitäten. Die verantwortliche rechte Brigade Epp war vor ihrem Anschluss an die Reichswehr als Freikorps bereits 1919 an der Niederschlagung der Münchner Räterepublik beteiligt. Die Einheit war ein Sammelbecken für zahlreiche Personen, die später zentrale Akteure im Aufstieg des Faschismus’ wurden und Karriere im Nationalsozialismus machten.“
Unter diesen Personen waren u.a. Ernst Röhm (Stabschef der SA), Hans Georg Hofmann (u.a. NSDAP-Abgeordneter), Rudolf Heß („Stellvertreter des Führers“), Hans Frank (Gouverneur der nicht annektierten Teile des militärisch besetzten Polens), Oskar Dirlewanger (Chef des nach ihm benannten SS-Sonderkommandos), Hans Baur (Pilot Hitlers, Generalleutnant der Waffen-SS) und August Schmidhuber (Kommandeur von SS-Divisionen). Auch die Brüder Otto und Georg Strasser sollen Teil des Freikorps gewesen sein, ebenso wie Edgar Julius Jung, der nach 1945 ein ideologischer Bezugspunkt der „Neuen Rechten“ wurde. Auch der Namensgeber der Einheit Franz Xaver Epp machte Karriere im Nationalsozialismus. Nachdem er 1928 in die NSDAP eingetreten war, wurde er von 1933 bis 1945 Reichsstatthalter in Bayern. Bereits 1904 war er am Völkermord an den Herero und Nama in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika beteiligt. Hitler machte ihn dann 1934 zum Reichsleiter des Kolonialpolitischen Amtes der NSDAP und 1936 zum Bundesführer des Reichskolonialbundes.
Lena Milani weiter: „Freikorps wie das Franz Epps waren Keimzellen des Nationalsozialismus’. Das Treiben vieler seiner Mitglieder endete erst mit dem 8. Mai 1945. Epp selbst genoss im NS große Anerkennung für die Rolle seiner Einheit bei der Niederschlagung (auch) linker Revolten wie im Ruhrgebiet 1920. Das Coronavirus hat die Erinnerung an den Ruhraufstand und seine Niederschlagung vor 100 Jahren sehr erschwert. Wir möchten die Verbindung beider Ereignisse deutlich machen und deshalb an diesem 8. Mai sowohl der Opfer des NS als auch der 1920 ermordeten Arbeiter*innen gedenken.“

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